Es läuft wieder rund beim BVB. In der Bundesliga konnte die Borussia zuletzt vier Siege in Folge feiern. Der Höhepunkt: Das 3:0 gegen Schalke und damit der Derby-Sieg. Die Rufe nach einem Trainerwechsel sind verhallt. Der Weg aus der Krise begann einen Tag nach dem größten Tiefpunkt. So schaffte Jürgen Klopp die Wende beim BVB.
Der Tiefpunkt in Dortmund war die Pleite gegen Augsburg (0:1) Anfang Februar. Am Tag nach dem Spiel versammelte Klopp seine Mannschaft zur Krisensitzung in der Kabine, die Spieler erwarteten einen Einlauf, eine Brandrede, eine schonungslose Analyse – wie so oft in der desaströsen Hinrunde, die der BVB als Tabellen-Vorletzter beendete. Doch Klopp blieb nicht nur ruhig, er streichelte seine Spieler förmlich, hob die (wenig) positiven Aspekte hervor, redete jeden einzelnen Spieler stark.
Gut 30 Minuten dauerte die Ansprache am Trainingsgelände in Brackel, bei der auch Sportdirektor Michael Zorc (52) anwesend war. Er sagt heute, knapp vier Wochen später, zu SPORT BILD: „Jürgen hat genau an der richtigen Stelle angesetzt.“
Bereits im anschließenden Training wirkten einige Profis wie befreit, trauten sich endlich wieder mehr zu. Drei Tage später siegte der BVB 3:0 in Freiburg.
Sebastian Kehl gibt jetzt erstmals zu: „Unsere Krise war vor allem ein Kopfproblem.“ Und Klopp schaffte es wieder einmal, an die Köpfe seiner Spieler ranzukommen. „Der Trainer hat keine Böller gezündet, und wir sind auch nicht nackt durch die Kabine gerannt“, sagt der 35-Jährige. „Aber er hat uns den Glauben und die Überzeugung zurückgegeben.“
Der Schlüssel war laut Zorc die Partie gegen Mainz (4:2). Der BVB konnte erstmals in dieser Saison einen Rückstand noch in einen Sieg umwandeln. „Das hat dazu geführt, dass alle wieder an sich geglaubt haben", so Zorc.
Personell musste Klopp für die Wende einen Spieler opfern, an dem er in der Hinrunde noch bedingungslos und gegen alle Widerstände festgehalten hatte: Ciro Immobile (24).
Der Italiener, der im Sommer für 19,4 Millionen Euro aus Turin kam, saß in den letzten vier Bundesliga-Partien die kompletten 90 Minuten auf der Bank. Stattdessen setzte Klopp auf Pierre-Emerick Aubameyang als einzige Spitze. Der 25-jährige Gabuner erzielte in seinen fünf Rückrunden-Einsätzen fünf Treffer!
Für Schwung im Team und im Verein sorgte zudem die Vertragsverlängerung von Aubameyangs Kumpel Marco Reus. Der BVB-Star träumt sogar wieder von Europa: „Die ersten Schritte haben wir gemacht, und wir sind bereit, noch einiges zu erreichen. Wenn die anderen oben Punkte lassen, versuchen wir natürlich ranzukommen. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.“ Sieben Punkte liegt Dortmund hinter Platz sechs.
Klopp erinnerte sich in der schlimmsten Krise offenbar auch daran, auf wen er sich in der Vergangenheit immer verlassen konnte.
Einige seiner Meisterhelden von 2011 und 2012 hatten während der Hinrunde ihren Stammplatz verloren. Wie Torhüter Roman Weidenfeller (34), wie Marcel Schmelzer (27), Nuri Sahin (26) oder Shinji Kagawa (25). Andere waren lange oder häufig verletzt wie Mats Hummels (26), Neven Subotic (26) oder Ilkay Gündogan (24). Jetzt sind sie alle wieder da – und Klopp stellt sie auch auf.
Auf dem Platz heißt es jetzt vor allem wieder: Offensiv-Power ohne Ende, schnelles Umschaltspiel und brutales Gegenpressing. Diesen eigentlich typischen BVB-Fußball impfte Klopp seiner Mannschaft im Trainingslager im spanischen La Manga so ein, als ob sie vorher noch nie etwas davon gehört hätte. Nach der besten Saisonleistung im Derby ist die Euphorie riesig. Zorc: „Ich glaube nicht, dass wir hier jemanden künstlich bremsen müssen – wir sollten den Schwung und das Selbstvertrauen ruhig mitnehmen. Wir müssen einfach vom Kopf her fokussiert bleiben.“
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